Die Idee von einem Dessert mit dem total leckeren japanischen Pflaumenwein war schon seit langer Zeit in meinem Kopf. Der richtige Anstoß war auf jeden Fall unsere Japan-Reise in diesem Frühling.
Es war eine wunderschöne Reise: Die zarten Kirschblüten in den japanischen Alpen, die freundlichen und herzlichen Menschen, das leckere japanische Essen (dazu gibt es später noch mehr)… Fazit: Ich will unbedingt noch mal hin!
Eines Tages trieben wir uns in Kyoto herum. Es war Mittagszeit und wir hatten Hunger. Den hatten wir sehr oft während unserer Rundreise in Japan. Wir waren nicht ganz sicher, ob es daran liegt, dass das japanische Essen sehr leicht ist und daher nicht sehr lang anhält, oder nur daran, dass das Essen einfach so himmlisch lecker war, so dass wir dauernd Lust auf Essen hatten.
Wir nutzten wie immer unseren Lieblingstrick auf der Reise, um an gutes originales Essen des Reiseziels heranzukommen: Einheimische auf der Straße zu fragen, wohin sie oder er gerne zum essen gehen (wir nennen es „Restaurant-Guide per Anhalter“).
Es hat bis jetzt in jedem Land super funktioniert. Sei es eine erbärmliche Trattoria in einem gut versteckten toskanischen Dorf, aber mit bestem Essen, das wir in Italien je hatten, oder ein kantinenähnlicher „Ess-Saal“ direkt neben einer überfüllten Hauptstraße in Chennai, wo wir die beste Kerala-Masala (Curry aus der Region Kerala) während unserer vierwöchigen Reise in Indien hatten.
Nun standen wir mitten auf einer Straße in Kyoto und suchten nach unserer Zielperson. Wenn es um Essen geht, nehmen wir die Aufgabe immer sehr ernst. Wir fragen nicht irgendjemanden, denn wir wollen ja auch tatsächlich zu einem guten Restaurant geschickt werden.
Gemäß unserer jahrelangen Erfahrung ist die Erfolgsquote bei Jugendlichen nicht gerade hoch, da sie meistens Fast-Food bevorzugen. Am besten fragt man ein Paar oder eine Einzelperson in mittlerem oder fortgeschrittenem Alter.
Also, wir begutachteten die vorbeilaufenden Japaner mit voller Konzentration. Es hat nicht so lang gedauert, bis ein Herr im Alter von vielleicht 50 Jahren unsere Aufmerksamkeit erregte. Unser Instinkt sagte uns, dass er bestimmt einen Geheimtip für uns hat. Gleich sprachen wir ihn an. Bis dahin lief alles wie gewohnt.
Nur, es gab einen Unterschied im Vergleich zu unseren bisherigen Erfahrungen: Er konnte wie die meisten Japaner fast gar kein Englisch.
Immer wenn ich jetzt daran denke, wie das Bild wohl ausgesehen hat, muss ich lachen: Auf einer kleinen Seitenstraße in Kyoto, ein Japaner mit kaum Mimik in seinem Gesicht und Bewegung in seinem Körper schaute zwei Ausländer fassungslos an, die mit Händen und Füßen in der Luft herummalten bzw. ihn mit ein paar neu angeeigneten japanischen Wörtern gemischt mit Englisch (im Zweifel sogar auch noch Chinesisch) bombardierten.
Es muss dem Japaner wie eine Manga-Szene vorgekommen sein. Ich muss den Japanern eine sehr gute Vorstellungskraft zuschreiben. Es hat nicht so lang gedauert, bis er verstand, dass wir von ihm wissen wollten, wo er gerne zum Essen geht. Denn wir wollten gerne in seinem Lieblingsrestaurant japanisches Essen ausprobieren.
Er deutete in eine Richtung und zeigte uns, dass wir ihm folgen sollten. Nach mehrmaligem links und rechts sind wir in einer kleinen Gasse gelandet, die einem als Tourist nie aufgefallen wäre. Da war ein kleines Lokal. „Soba, OK?“ fragte er uns. Soba ist die japanische Buchweizen-Nudel und DER Nationalstolz der Japaner schlechthin, wenn es um traditionelles japanisches Essen geht.
„Yes, yes!“ nickten wir eifrig. Er schritt ins Lokal und wir folgten ihm. Das Lokal war sehr klein. Insgesamt gab es nur fünf oder sechs kleine Tische. Wie in fast allen traditionellen japanischen Lokalen, gibt es in der Mitte des Restaurants eine Theke, wo man direkt vor dem Chefkoch sitzen und ihm beim Kochen zuschauen kann.
Während wir das Lokal begutachteten, sprach unser Restaurant-Guide (per Anhalter) gerade mit dem Küchenchef auf Japanisch. Wir hörten nur sehr oft das Wort: Soba. Nachdem sie ein paar Sätze ausgetauscht hatten, verabschiedete sich unser Restaurant-Guide von uns mit einem großen Lächeln: „Soba, good, good!“ Wir verbeugten uns und bedankten uns bei ihm.
Anscheinend hatte unser rücksichtsvoller Guide in sehr freundlicher Weise auch schon für uns bestellt. Denn der Chefkoch legte gleich los, ohne nach unseren Wünschen zu fragen. Wir ließen uns einfach überraschen.
Ein paar Minuten später stand das Essen vor uns: Eins war Soba-Nudeln mit Tempura Ebi (knusprig frittierte Riesengarnelen im Teigmantel) und irgendwelche unbekannten Gemüse in einem dampfenden Sud, das andere waren kalte Soba-Nudeln, die sehr schön auf einer Bambus-Matte, auf einer viereckigen schwarz lackierten Box, serviert wurden. Daneben waren einige kleine wunderschöne Schüsselchen zu sehen. Darin waren gekochte Pilze, fein geriebener Rettich, Wasabi und die Soße zum Eintunken der Soba-Nudeln.
Nach einer kurzen Zeit der Bewunderung der japanischen Ästhetik haben wir gleich losgelegt. Das Essen war ein Volltreffer! Die Nudeln schmeckten unbeschreiblich köstlich!
Wir waren mehr als zufrieden mit der Wahl unseres Restaurant-Guides. Dem Chefkoch haben wir gleich (mit Händen und Füßen) zu verstehen gegeben, dass sein Essen herrlich war. Er freute sich total über unser Kompliment und verbeugte sich dauernd mit dem Lächeln eines kleinen schüchtern Jungen.
Anschließend sprach er einige Sätze mit einem japanischen Kunden, der neben uns saß. Der Man redete und lachte ziemlich laut, was für Japaner in der Öffentlichkeit eher ungewöhnlich war. Er war nach uns ins Lokal gekommen und wartete noch auf sein Essen. Er hielt ein Glas mit einer gold-braunen Flüssigkeit und Eiswürfeln in der Hand. Unsere neugierigen Blicke hatte er bemerkt. Er zeigte auf das Glas: „Umeshu, good, very good!“ Er nickte dabei noch mit dem Kopf, um seine Aussage zu bekräftigen.
Das Wort „Ume (die Pflaume)“ konnte ich gerade noch verstehen. „Ach so! Das muss der japanische Pflaumenwein sein!“ Während ich das meinem Mann erklärte, sagte der Japaner zu uns: „Black Sugar!“ Wie bitte? Japanischen Pflaumenwein kannte ich ja schon vorher und trank ihn auch sehr gern. Aber meinte er, dass das Pflaumenwein mit dem in Asien beliebten Schwarz-Zucker-Geschmack war?
Ich wurde sehr neugierig. Wir orderten gleich auch zwei Gläser des gleichen Getränks wie bei unserem Tischnachbarn. Es war tatsächlich ein Pflaumenwein mit „Black-Sugar“-Geschmack! Ich erkannte den markanten Geschmack des Schwarz-Zuckers sofort. Es war richtig lecker! Sofort haben wir beschlossen, nachher gleich nach einem Weingeschäft zu suchen. Noch im gleichen Tag haben wir den Wein bekommen.
Ich fing sofort an, mir in meinem Kopf ein Dessert mit diesem tollen Wein auszumalen. Leider konnten wir nicht so lange warten, bis wir wieder zu Hause waren. Während eines Besuchs bei einer befreundeten Familie nach unserem Aufenthalt in Kyoto haben wir die ganze Flasche mit unseren Freunden mit vollem Genuss geleert.
Nun bin ich wieder zu Hause und möchte unbedingt diesen tollen Geschmack des Pflaumenweins in ein Dessert integrieren. Da kam ich auf das Rezept mit einem Pflaumenwein-Tarte. Aber in Deutschland habe ich nur den normalen japanischen Pflaumenwein ohne den Schwarz-Zucker-Geschmack bekommen.
Nun musste ich den Geschmack irgendwie herzaubern. Zum Glück hatte ich zu Hause noch eine Packung von dem „Black Sugar“ aus einem guten Asia Shop. Ich stellte mir eine Art Sirup aus dem Pflaumenwein und dem Schwarz-Zucker vor, worin die Pflaumen mariniert werden. Dann ist mir beim ersten Versuch aufgefallen, dass der Geschmack des Pflaumenwein-Sirups durch das Backen im Ofen fast komplett verschwunden war.
Deshalb habe ich beim zweiten Versuch den Pflaumenwein-Sirup mit ofenfrischen Mandelbröseln zusammen gemischt und auf die fertig gebackene Tarte gestreut und anschließend direkt serviert. Somit bleibt sowohl der intensive leckere Geschmack des Pflaumenwein-Sirups als auch die knusprige Konsistenz der Brösel erhalten.
Das Ergebnis war großartig! Ich liebe diese Kombination aus dem erfrischenden Grüntee-Geschmack in der Tarte-Creme, dem Keksartigen Teigboden, den fruchtigen Pflaumen und den gleichzeitig knusprigen und delikat nach fruchtig süßem Pflaumenwein schmeckenden Mandelbröseln.
Bon Appetit! Oishii!
Zutaten:
Für den Pflaumenwein-Sirup:
200ml japanischer Pflaumenwein (Asia Shop)
50g Schwarz-Zucker (Asia-Shop, oder stattdessen braunen Zucker nehmen)
Für den Teig:
300g Mehl Type 405
120g Butter
120g Puderzucker
1-2 Eier (plus Wasser = 90ml Flüssigkeit)
Für den Belag:
400ml Milch
100ml Sahne
4 Beutel Grüntee
3 Eigelb
2 1/2 Esslöffel Maisstärke
60g Zucker
500g Zwetschgen
30g braunen Zucker zum Bestreuen
Für die Mandelstreusel:
100g kalte Butter
100g Mehl
100g gemahlene Mandeln
100g Zucker
1 Prise Salz
1/2 TL Zimt
den Rest des Pflaumenwein-Sirups (für das Einweichen der Pflaumen)
Zubereitung:
- Zunächst den Pflaumenwein-Sirup zubereiten: Den Pflaumenwein mit dem Schwarz-Zucker zusammen in einem Topf auf kleiner Flamme köcheln, bis ein dicker Sirup entsteht (ca. 10 Minuten). Vom Herd nehmen und abkühlen lassen.
- Die Pflaumen waschen und abtropfen lassen. Die Kerne entfernen und die Pflaumen vierteln. Die Pflaumen in den abgekühlten Pflaumenwein-Sirup geben und darin für mindestens eine Stunde marinieren.
- Den Tarte-Teig blind backen: Siehe das Rezept von Pfirsich-Eistee-Tarte (klicke hier für das Rezept).
- Jetzt den Creme-Belag zubereiten: Siehe das Rezept von Pfirsich-Eistee-Tarte.
- Die Creme auf der Tarte verteilen und die mit Pflaumenwein-Sirup getränkten Pflaumen kreisförmig darauf legen. Den Pflaumenwein-Sirup für später aufheben.
- Den Backofen vorheizen (180C-200C) und die Tarte für 15-20 Minuten backen, bis die Pflaumen weich sind und der Teig goldbraun ist. Aus dem Ofen nehmen und abkühlen lassen.
- Inzwischen die Mandel-Streusel zubereiten: Die Butter in kleine Würfel schneiden und diese Butterwürfel mit Mehl, Mandeln, Zucker, Salz und Zimt in eine Schüssel geben und gut vermischen (mit den Fingerspitzen kneten), bis sich Streusel bilden. Die Streusel auf Pergamentpapier auf ein Backblech legen. Im vorgeheizten Ofen (180C) für 15-20 Minuten backen, bis sie goldbraun sind. Aus dem Ofen nehmen und den Rest des Pflaumenwein-Sirups auf den gebackenen Mandelbröseln verteilen. Abkühlen lassen.
- Die Mandelstreuseln kurz vor dem Servieren auf der Tarte verteilen. Mit aufgeschlagener Sahne verfeinern.
Genieß deine eigenen Pflaumenwein-Tarte und halte den letzten Zipfel dieses tollen Sommers fest! 😀